Carina Straub ist zusammen mit ihrer Mutter Gabriele Bazán Ortega Geschäftsführerin der Abfluss ASS GmbH in Köln. Der 1971 gegründete Handwerksbetrieb wurde in den 53 Jahren seines Bestehens immer von Frauen geführt. 20 Beschäftigte, davon 14 im Außendienst, sind in der Region unterwegs und reinigen verstopfte Abflüsse oder warten Abwasseranlagen. Gestartet ist Carina Straub, die zunächst als Eventmanagerin gearbeitet hat, 2018 in der Firma ihrer Mutter als Verantwortliche für Social-Media, Marketing und Personal. Jetzt zieht sich Gabriele Bazàn Ortega langsam aus dem Unternehmen zurück und die Tochter übernimmt mehr und mehr auch die Aufgaben der Geschäftsführung.Wir sprechen mit ihr über die Bedingungen für eine gelungene Unternehmensnachfolge.

Welche Faktoren haben dazu geführt, dass Sie sich doch zum Einstieg in den Betrieb ihrer Mutter entschlossen haben.
Mit unserem Betrieb im Bereich der Rohr- und Kanaltechnik tragen wir zu Nachhaltigkeit und zum Umweltschutz bei. Unsere Mitarbeitenden helfen jeden Tag Menschen in Not und bringen alles wieder in den natürlichen Fluss. Unsere Aufgabe ist sinnvoll und systemrelevant: Was im starken Kontrast zur Eventbranche steht, aus der ich ursprünglich komme. Jetzt trage ich mit unserem Team dazu bei die (Abwasser-)Grundversorgung und damit auch ein Stück Lebensqualität wieder herzustellen. Zudem habe ich im eigenen Betrieb die Möglichkeit meine Aufgaben frei zu gestalten, mir persönliche Ziele zu setzen und an meinen Visionen zu arbeiten.

Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, damit eine Unternehmensnachfolge gelingt?
Es sollten alle rechtlichen, finanziellen und persönlichen Weichen gestellt werden. Dabei sollten sowohl familiäre als auch geschäftliche Interessen berücksichtigt werden. Das bedeutet zum Beispiel:

  • eine langfristige Vorbereitung. Ein Nachfolgeplan ist empfehlenswert. Er sollte alle wesentlichen Schritte und Entscheidungen im Rahmen der Nachfolge umfassen.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen: Testament und Nachfolgeklauseln, Finanzierung und steuerliche Aspekte (idealerweise mit entsprechenden Experten, wie Steuerberater, Notar und Fachanwalt)
  • Kompetenzentwicklung der potenziellen Nachfolger*innen
  • Klare und transparente Kommunikation nach intern mit Familie und Mitarbeiter*innen und extern mit Kunden und Lieferanten)
  • Offenheit von beiden Seiten. Die Senior*innen müssen bereit sein, Neues anzunehmen, die Junior*innen müssen bereit sein, Bestehendes zu akzeptieren und zu schätzen
  • Viel gegenseitiges Verständnis

Gibt es besondere Hürden oder auch Vorteile, wenn die Unternehmensnachfolge durch ein Familienmitglied geschieht?
V
orteile fürs Unternehmen sehe ich im langfristigen Denken und in der starken emotionalen Bindung zum Unternehmen. Ich bin mit unserem Unternehmen und einigen Mitarbeitenden groß geworden. Wir beschäftigen Mitarbeiterinnen, die vor meiner Geburt in unserem Betrieb angefangen haben. Diese Damen begleiten mich schon mein ganzes Leben. Dadurch sind Strukturen und Werte sehr familiär.

Zudem sind Familienbetriebe meistens über Generationen auf langfristige Erfolge ausgelegt und nicht auf kurzfristige Gewinne. In unserem Fall schon über drei Generationen in den letzten 53 Jahren Abfluss ASS.

Vorteile innerhalb der Familie sehe ich in der Vertrauensbasis, dem Wissen und der Erfahrung, die durch die enge familiäre Beziehung effektiver weitergegeben werden kann.

Aber natürlich gibt es auch Hürden: Es können Generationskonflikte auftreten, also dass es unterschiedliche Vorstellung zu Zukunft, Führung, Ausrichtung, etc. gibt. Das kann zu Spannungen führen. Auch die starke emotionale Bindung der Familienmitglieder zueinander und auch zum Unternehmen kann einer sachlichen Kommunikation im Wege stehen. Diese Konflikte trägt man schlimmstenfalls privat weiter aus, oder sie führen zu persönlichen Enttäuschungen, die die Betroffenen auch voneinander weg, statt zueinander bewegen können. Damit muss man umgehen lernen. Aber wenn man das wirklich will, dann geht das auch – das ist jedenfalls meine Erfahrung.